In der Wettervorhersage hat sich eine „stille Revolution“ ereignet: Heute ist die Fünf-Tage-Prognose genauso präzise wie 1980 der Wetterbericht für den nächsten Tag. Auch im eCommerce gibt es erste Technologien, die immer präziser vorhersagen, was der Kunde heute kaufen möchte. Eines aber vorweg: Eine stille Revolution ist eher nicht der Stil der eCommerce-Branche 😉

2 Produkte mehr pro Warenkorb dank KI aus Deutschland

Der Lebensmittel-Großhändler Kastner erinnert seine Online-Kunden automatisiert an vergessene Produkte. Was dahinter steckt, sind zum Patent angemeldete Machine-Learning-Verfahren, die schon bald einen Paradigmen-Wechsel im eCommerce einleiten könnten.

„In den ersten Wochen verkauften wir durch den Predictive Basket circa 1,3 Produkte mehr. In der Zwischenzeit sind es im Schnitt sogar über zwei Produkte.“  – Maximilian Reiter, Kastner Gruppe

Die Kastner Gruppe macht einen Jahresumsatz von knapp 250 Mio. €. Zu den Kunden zählen Gastronomen, Wiederverkäufer und Bio-Fachhändler. Einkaufen können sie nicht nur über die klassischen Offline-Kanäle, sondern auch im Kastner-Online-Shop. Und dieser wird für die strategische Ausrichtung der Gruppe immer wichtiger – nicht zuletztweil B2B-Einkäufer den digitalen Bestellweg zunehmend bevorzugen. Bei Kastner bestellen sie zwei bis dreimal pro Woche. Deshalb setzt Kastner einen großen Fokus darauf, den digitalen Einkauf so einfach wie möglich zu gestalten, und das zahlt sich aus:

  • Größere Warenkörbe pro Kunde 
  • Entlastung des Innendiensts, da keine Produkte mehr vergessen werden 
  • Höhere Kundenbindung und Zufriedenheit 

Erfinder des Predictive Basket forscht seit 30 Jahren in Machine Learning

Auch wenn der KI-Fortschritt in anderen Technologiestaaten sicherlich stärker gefördert wird – die Idee und Umsetzung des Predictive Basket stammen aus Deutschland. Genauer gesagt von Carsten Kraus, dem Gründer und Geschäftsführer von FACT-Finder, einer KI-basierten Suchtechnologie, die 2019 und 2020 zur Best Site Search Solution weltweit ausgezeichnet wurde. Kraus forscht und entwickelt bereits seit mehr als 30 Jahren in KI und Machine Learning und hält in diesen Bereichen mehrere Patente  allein in den letzten drei Jahren hat er jedes Jahr mindestens ein neues angemeldet.Wie es zur Idee kam, den Predictive Basket zu entwickeln, erklärt er wie folgt: 

Heutige Online-Shop-Systeme sind darauf ausgelegt, bei der Kaufentscheidung zu unterstützen. Doch in Branchen wie Lebensmittel wissen Kunden meist genau, was sie brauchen. Daher geht ein realer Einkauf im Supermarkt – inklusive Fahrzeit zum Supermarkt – heute häufig noch schneller als online. Wenn ich Milch, Butter und Toilettenpapier aus dem Regal hole, bin ich geübter als per Suche und Auswahl auf dem Bildschirm. Der Predictive Basket vereinfacht den Online-Kauf, indem er voraussagt, was ein Kunde genau heute kaufen möchte. Das kann per Mail sein, auf der Startseite oder – wie bei Kastner – im Checkout. Der Kunde kann sich dann seinen Warenkorb aus einer Produktliste einfach zusammenklicken. Schon heute liegt die Treffergenauigkeit der Vorschläge bei 75 Prozent, was den Einkauf um etwa zwei Drittel beschleunigt – ein wahrer Game-Changer für den Einkauf im Online Supermarkt.

Frontend-Beispiel Predictive Basket. Pro Bestellung verkauft Kastner zwei Produkte mehr.

Was steckt dahinter?  
Erkenntnisse aus Konsumpsychologie und KI vereint

Dass Kunden den Predictive Basket gut annehmen, liege laut Kraus nicht allein an Bequemlichkeit, sondern auch am psychologischen Phänomen der „Paradox of Choice“, zu Deutsch „Paradox der Auswahl“. Entdeckt wurde es vom US-amerikanischen Psychologie-Professor Barry Schwartz, der an der University of Berkeley forscht. Möglichst viele Wahlmöglichkeiten zwischen unterschiedlichen Produkten bedeuten laut Schwartz keinesfalls einen Mehrwert für Kunden. Vielmehr vermindern zu viele Optionen die Fähigkeit, eine Auswahl zu treffen – aufgrund der Angst, sich falsch zu entscheiden.

Carsten Kraus (r.) und Prof. Barry Schwartz auf dem Campus der University of Berkeley.

Schwartz fand heraus, dass es Menschen eher unglücklicher macht, wenn sie mit fünf oder mehr verschiedenen Alternativen konfrontiert sind. Seine Erkenntnisse gehen zurück auf eine Studie der Wissenschaftler Iyengar und Lepper, die Probiertische mit Marmeladensorten in einem Supermarkt aufstellten. Bei einer Auswahl von 24 Sorten probierten 60% der Kunden mindestens eine Sorte, aber nur 3% kauften sie. Bei einer kleineren Auswahl von sechs Sorten probierten zwar nur 40% der Kunden, aber ganze 30% der Kunden kauften ein Glas Marmelade. Nach Schwartz kann das Eliminieren von Wahlmöglichkeiten die Angst der Käufer, eine falsche Entscheidung zu treffen, signifikant reduzieren. Diese Erkenntnisse flossen in die Konzeption und Entwicklung des Predictive Basket ein, genauso wie eine Typologie aus der Konsumpsychologie, die der Marketing-Professor Hans Baumgartner erfand.

 

Purchase Cube“ nach Prof. Baumgartner. Der Predictive Basket unterstützt in allen Branchen, in denen Produkte möglichst schnell und möglichst einfach wiederbeschafft werden müssen. 

Baumgartner klassifiziert Einkäufe anhand von drei Dimensionen, die sich als Würfel darstellen lassen. Supermarkteinkäufe sind demnach geplant, haben ein niedriges Involvement und gelten als Bedarfskauf. Das heißt, Kunden möchten im (Online-)Supermarkt eigentlich gar nicht einkaufen, sie möchten die Produkte nur haben.

Hohes Potenzial für eFood, Online-Apotheken, Drogerie-Shops und B2B-Plattformen  

Überall hier kann der Predictive Basket laut Carsten Kraus unterstützen, indem er Kunden proaktiv die relevantesten Produkte zeigt, ohne dass sie gesucht werden müssen. Die Art des Einkaufens wird so von Grund auf verändert. Kraus ist überzeugt: 

Besonders in Branchen, in denen Kunden immer wieder die gleichen Produkte bestellen, wird KI das Online-Shopping schon bald revolutionieren.“

Demo FACT-Finder Next Generation

Über Carsten Kraus (www.carstenkraus.ai)

Bereits in seiner Schulzeit gründet Carsten Kraus die Firma Omikron. Damals entwickelte er eine neue Programmiersprache für Atari, die ihm ein stattliches Taschengeld von 5.000 Mark pro Monat einbrachte. Etwa zur gleichen Zeit wurde er in den Mensa-Verein für Hochbegabte aufgenommen. 2001 erkannte er, dass Suchmaschinen im eCommerce keine Vertipper verarbeiten konnten. Einige Jahre später war FACT-Finder mit 1.800 Kunden europäischer Marktführer für Suche und Navigation in Online-Shops. Im Jahr 2020 wurde FACT-Finder zur besten Suchlösung weltweit ausgezeichnet. Bis heute forscht Carsten mit seiner F&E an KI-Verfahren und mathematischen Modellen, aus denen immer wieder neue Patente und Produkte – wie der Predictive Basket oder Casablanca.ai – entstehen.